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Hat man Ihnen solch eine Frage schon einmal gestellt? Und wie ist es Ihnen dabei ergangen? War die Frage für Sie nachvollziehbar und berechtigt oder haben Sie sich angegriffen gefühlt?

Als ersten Einstieg in das Thema möchte ich dafür sensibilisieren, dass Menschen nicht (so oder so) “sind”, sondern sich (so oder so) “verhalten”. Ein Mensch ist nicht grundsätzlich “dumm/ formalistisch/ überheblich”, er kann sich jedoch durchaus so verhalten. Für mich ist es daher ratsam, in meiner eigenen sprachlichen Kommunikation darauf zu achten. Das – wenn auch nicht allein ausreichend – unterstützt mich gleichzeitig dabei, wertschätzend zu bleiben.

Sympathisch – unsympathisch
Jeden Tag bin ich mit sehr vielen verschiedenen Menschen zusammen; die einen empfinde ich als sympathisch, die anderen als unsympathisch oder sie “berühren” mich (vermeintlich) nicht. Manchmal kann mich das durchaus in meinem Alltag verwirren. Wenn ich beispielsweise positiv anerkennen “muss”, dass ein mir unsympathisch erscheinender Kollege eine wirklich gute Arbeit geleistet hat, oder wenn ein mir äußerst sympathischer Mensch mir so richtig “quergekommen” ist. Beide lösen in mir vielleicht Gefühle von Unsicherheit oder Traurigkeit aus, die ich nicht so recht einordnen kann: Was passiert da gerade mit mir? Warum reagiere ich so empfindlich? Schließlich kann ich das doch mit meinem Verstand erklären …

Emotionen als Schlüssel
Wenn ich mein Verhalten und das Verhalten der anderen Menschen verstehen möchte, dann ist es wichtig zu wissen, dass es über Gefühle gesteuert wird. Sie werden durch Emotionen ausgelöst. In Kürze bedeutet das, dass jedes Verhalten von mir stets emotional beeinflusst ist.

Meine Emotionen zeigen mir, dass meine Bedürfnisse verletzt worden sind. Dies können körperliche Grundbedürfnisse wie Essen und Schlaf oder Bedürfnisse wie Sicherheit, Zugehörigkeit und Harmonie sein. Im obigen ersten Beispielfall ist es vielleicht das Bedürfnis nach mehr Anerkennung, im zweiten Fall vielleicht ein Mehr an gewünschter Wertschätzung und Nähe.

…. und wo sie herkommen
Emotionen sind biologische Funktionen unseres Nervensystems. Das Nervensystem reagiert auf Situationen in komplexer Weise und umfasst dabei vom Verstand gesteuerte Denkprozesse, innere Gefühle, körperliche (nach außen hin sichtbare) Erregungen sowie daraus folgende Verhaltensweisen. Mehrere Gehirnareale arbeiten hierbei zusammen, wobei wir jedoch keinen willentlichen Einfluss darauf nehmen können. Darüber hinaus wird mein Verhalten durch meine Werte, meine Erfahrungen, mein Wissen sowie meine erlernten Denkmuster bzw. Glaubenssätze mitgeprägt.

Emotionen verstehen
Wir können unsere Emotionen demnach nicht vollständig unter Kontrolle halten. Aus der Hirnforschung wissen wir, dass Sinnesreize mit emotional gefärbter Bedeutung im Gehirn vorrangig wahrgenommen und verarbeitet werden. Habe ich besonders gute oder schlechte Erfahrungen in einer konkreten Situation gemacht, kann ein Sinnesreiz wie Hören, Sehen oder Riechen mich daran erinnern und sofort eine Emotion bei mir auslösen. Dabei haben angst- oder stressbesetzte Ereignisse Vorrang vor positiven.

Die Wissenschaft erlaubt es mir also, das Ganze zu verstehen; und doch “hilft” mir das nicht dabei, mein Verhalten immer so zu steuern, wie ich es denn gerne hätte. Auf der anderen erkenne ich, dass diese Prozesse permanent nicht nur bei mir, sondern bei allen Menschen ablaufen – und damit kann ich mich grundsätzlich darauf einstellen. Das macht es mir jedenfalls leichter – zumindest im Nachhinein – vorgefallene Situationen nachzuvollziehen und mir die Aktionen bzw. Reaktionen (= Verhaltensweisen) anzuschauen. Was kann ich daraus mitnehmen und lernen?

think positive
Eine positive Grundeinstellung mir und allen anderen gegenüber einzunehmen, unterstützt mich; wenn ich das verinnerliche, bin ich selbst persönlich weniger verletzlich. Zugegeben: Es ist nicht einfach und stets eine neue Herausforderung, je nachdem, was gerade um mich herum passiert.

Reaktionen richtig einordnen
Im systemischen Kontext heißt es, dass jedes Verhalten einen “Sinn” hat. Ein Mensch mit seinem Verhalten zeigt mir gegenüber etwas bewusst und unbewusst in Form von verbaler und non-verbaler Kommunikation. So kann ein endlich gelöstes schwieriges Problem spontan zu einer gezeigten Erleichterung mit einem Seufzer und einem Lächeln führen, währenddessen es draußen gerade in Strömen regnet. In einem anderen Fall berichte ich begeistert von meiner großartigen neuen Position, was bei meinem Gesprächspartner zu einem “steinernem” Gesicht führt, weil er sich – ohne mein Wissen – auch auf diese Position beworben hatte und nun das Nachsehen hat. Beides ergibt einen nachvollziehbaren “Sinn”.

Jedes Verhalten enthält darüber hinaus etwas “Positives”, auch wenn es nicht “richtig” ausgedrückt wird. Meine Freude kann ich mit Jubel und Herzlichkeit ausdrücken, ich kann das allerdings auch mit Übermut und Unachtsamkeit, vielleicht noch mit übermäßigem Alkoholgenuss tun. Obwohl Freude etwas Positives darstellt, entspricht der zweite Fall nicht unserem allgemeinen Verständnis von angemessenem und positiv wahrgenommenem Verhalten.

Achtsamkeit
Wie bereits erwähnt, sagen gezeigte Emotionen etwas über unsere (verletzten) Bedürfnisse aus. Darüber hinaus weisen sie auf Werte hin, die für uns wichtig sind. Möchte ich zum Beispiel anerkannt und geschätzt werden, sind vielleicht Fairness oder Gleichberechtigung wichtige Werte für mich. Werte sind für uns Menschen etwas sehr Elementares; wenn mein Gesprächspartner in irgendeiner Weise emotional reagiert, dann sind vermutlich einer seiner  wichtigen Werte betroffen und ein daraus resultierendes wichtiges Bedürfnis verletzt worden. Wir müssen Menschen schon sehr gut kennen, um zu wissen, welche Schlüsselworte oder Themen etwas bei ihnen auslösen. Da wir damit nachvollziehbar überfordert sind, ist Achtsamkeit in der Kommunikation wichtig. Wir Menschen können das (normalerweise) von Geburt an; doch die vielen Ablenkungen um uns herum lassen unsere Aufmerksamkeit nach einer gewissen Zeit sinken.

Zwei Aspekte möchte ich gern noch erwähnen:
Zum einen kennen wir das “Spiegeln”, das verschiedene Formen umfasst. In einer gespiegelten Situation kann ich etwas sehen, was ich als gleich oder als anders empfinde — und Beides kann für mich angenehm, provozierend oder herausfordernd wirken. Wenn Personen untereinander kommunizieren, tun sie das in einem bestimmten Moment, zu einer bestimmten Zeit innerhalb bestimmter Umstände. Die Einflüsse in diesem “System” stellen sowohl Ursache als auch Wirkung dar, was heißt: Das jeweilige Verhalten der Personen ist sowohl Aktion als auch Reaktion, bei dem der Auslöser meist nicht mehr (eindeutig) bestimmt werden kann.

Zum anderen entspricht der “Geist der Gelassenheit” im Zen dem Prinzip des ruhenden Geistes, der Unaufgeregtheit. Dabei bedeutet gelassen zu bleiben nicht etwa, gleichgültig zu sein. Ich nehme durch meine Präsenz im Augenblick wahr, was kommt, prüfe, ob es etwas mit mir zu tun hat oder nicht, und lasse es weiterziehen. Wenn es mich selbst betrifft, dann kann ich mich bewusst zum Handeln entscheiden.

OK, Alles ganz einfach: Jetzt “weiß” ich, warum ich so emotional bin bzw. handle …

Ich freue mich über Ihr Feedback, gern persönlich,
herzlichst

Ihr Christian Nourney

 

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