Ach ja, manchmal wünsche ich mir, Alles wäre schön einfach für mich, und ich hätte keine Probleme zu lösen. Wie viel Zeit würde ich gewinnen, wenn ich mich nicht mit Schwierigkeiten unnötig auseinandersetzen müsste!

Doch die Realität sieht anders aus. Oftmals gänzlich unerwartet trifft uns eine traurige persönliche Nachricht, eine für uns wichtige Freundschaft geht zu Ende, ein lieber Mensch stirbt, die sicher geglaubte berufliche Position geht verloren oder ich frage mich, was ich in meinem Leben bisher eigentlich erreicht habe – und schon ist sie da, die „Krise“!

Was bedeutet „Krise“?

Der Begriff „Krise“ stammt aus dem Griechischen – vgl. auch Wikipedia und Duden – und bedeutet eine schwierige Situation oder Zeit, die den Höhe- und Wendepunkt in einer Entwicklung darstellt. Ob es sich hierbei um einen Wendepunkt handelt, kann jedoch oft erst im Nachhinein erkannt werden. Eine Krise ist es für mich erst dann, wenn ich mich Hindernissen gegenübersehe und diese nicht mit meinen gewohnten Problemlösungsmethoden bewältigen kann. Sie stellt meine bisherigen Erfahrungen, Normen, Ziele und Werte in Frage, ist zeitlich begrenzt und bedrohlich für mich.

Was macht das mit mir?

Welche Gedanken und Gefühle können in einer derartigen persönlichen Krise in mir aufkommen? Ich kann mich unfähig, zurückgesetzt oder gelähmt fühlen, verletzt, wütend oder traurig sein – vielleicht auch Alles gleichzeitig. Ist es noch dazu eine Situation oder eine Zeit, die in meinem Leben eine besondere Bedeutung besitzt und daher für mich selbst mit existenziellen Fragen verbunden ist, kann mich die Krise zu einer Frage nach dem dahinterstehenden übergeordneten „höheren“ Sinn führen. Und das empfinde ich alles andere als leicht und angenehm.

Eine Krise kann bei mir auch Angst auslösen. Vielleicht hilft es hier weiter zu wissen, dass Angst „natürlich“ und Teil der evolutionären Entwicklung ist. Denn Angst mobilisiert in uns alle Sinne und Kräfte, um fliehen oder kämpfen zu können. Heute weist uns Angst darauf hin, eine neue und ungewohnte Situation mit geeigneten Mitteln lösen zu müssen.

Welche „Chancen“ bieten sich mir?

Es mag provokativ erscheinen, und doch: Was kann ich Positives an einer Krise sehen? Worauf will sie mich aufmerksam machen? Möchte sie mich vielleicht dazu zwingen, innezuhalten und mich auf etwas zu besinnen, oder mich im Gegenteil dazu zwingen, mich zu bewegen – geistig oder körperlich?

Die Krise reißt mich aus meinem Alltag heraus und fordert mich damit auf, das aktuelle Hier und Jetzt ganz intensiv und bewusst wahrzunehmen. Es scheint die Zeit zu sein, in mich zu gehen und die um mich herumtobende Hektik außen vor zu lassen. Das würde ich persönlich – ganz ehrlich – ohne die eine oder andere (kleine oder große) Krise nur selten tun; denn ich lebe in einer beruflichen Welt der oftmals willkürlich gesetzten Zeitnot – und das, obwohl dort die menschliche Unversehrtheit in keinster Weise vom Zeitgewinn abhängt.

Und wie gehe ich jetzt damit um?

Wie kann ich nun mit dem durch eine Krise (scheinbar von außen) erzwungenen Stoppsignal am besten umgehen?

Man sagt: „Alles hat seine Zeit, Alles braucht seine Zeit.“ Daher meine ich, es ist angeraten, die Krise als Tatsache zu akzeptieren und ernst zu nehmen im Sinne von „sich der Situation bewusst zu stellen“. Das bedeutet für mich, zunächst meine Gefühle wahrzunehmen und sie als wichtiges und notwendiges Signal anzunehmen, also als richtig und „gut“. Ich kann mich dann fragen, was diese Gefühle auslöst – sind es der Umstand, die Situation, die Beteiligten, meine Bewertung von (Nicht-) Gesagtem/ Gehörtem oder mein verletztes Ego?

Ein neuer Weg öffnet sich

Vielleicht stelle ich dabei fest, dass ich mich auf einem Weg befinde, der (nicht mehr) mein Weg ist, den ich jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht ohne weiteres verlassen möchte. Eine Krise zwingt mich jedoch, genau darüber nachzudenken. Sie kennen sicherlich das Prinzip des Yin und Yang – es gibt sowohl die eine Seite als auch die andere Seite.

Beide Seiten sind für sich genommen „gut“, wenn sich beide im Gleichgewicht befinden. Ist eine Seite stärker ausgeprägt als die andere, dann existiert ein Ungleichgewicht. Ich brauche dann diese zwei Pole mit ihren deutlichen Ausprägungen, um meinen persönlichen Weg hin zu meinem neuen individuellen Gleichgewicht zu definieren. So kann ich mich fragen: Wie ist es zu dieser Situation gekommen? Was ist jetzt anders? Was erwartet jetzt wer von mir? Was ist mir gerade jetzt wirklich wichtig? Was kann ich loslassen?

„Wenn Du es eilig hast, gehe einen Umweg“ (aus dem Zen-Buddhismus). Ich interpretiere das so, dass es keinen Sinn macht, immer Alles schnell zu machen, wenn ein anderer, vermeintlich langsamerer Weg zu einem besseren, nachhaltigeren Ergebnis führt. Ein Umweg zwingt mich, einen anderen Weg zu probieren, einen anderen Blickwinkel einzunehmen und die zusätzliche Zeit in geeigneter Weise zu „nutzen“ – nein, eben gerade nicht zahlen-/ gewinnmaximiert, zeitoptimiert usw., sondern bewusst und mit Absicht!

Die Krise als Wendepunkt zum Positiven

Und bei all meinem Verdruss über eine Krise schafft sie vielleicht am Ende noch etwas weiteres Positives: Stehe ich die Krise durch und baue meine Fähigkeiten, damit geeignet umzugehen, möglicherweise sogar noch aus, dann gehe ich gestärkt daraus hervor. Und dann habe ich vielleicht den oben erwähnten Wendepunkt in meinem Leben durchlaufen, der mir neue Perspektiven bietet.

Ich freue mich über Ihr Feedback, gern persönlich,
herzlichst
Ihr Christian Nourney

 

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