Der Zweck der Führung besteht in der Beeinflussung der Einstellung und des Verhaltens von Menschen zur Zielerreichung. Dazu steht eine Vielzahl an Hilfsmitteln – wie Führungsstile und Methoden – zur Verfügung. Führung umfasst darüber hinaus jedoch einen weiteren wesentlichen Aspekt, ohne den das große Leistungspotenzial des Teams nicht ausgeschöpft werden kann: Die persönliche Haltung der Führungskraft.
Führungskompetenz
Der Begriff Managementkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, Managementfunktionen wie Planung, Organisation, Führung und Kontrolle erfolgreich – und zwar gemessen an den Zielen der Organisation – auszuüben. Demnach sind Führungskompetenzen Teil der Managementkompetenzen; das Verb “führen” umfasst die Bedeutung “leiten”, “die Richtung bestimmen”, “in Bewegung setzen”. Der Zweck der Führung besteht also in der Beeinflussung der Einstellung und des Verhaltens von Menschen zur Zielerreichung. Der Führungserfolg wird in Unternehmen zumeist mit dem Erreichen bestimmter Kennzahlen gemessen.
Was mir immer wieder auffällt, ist, dass bei “Management” und “Führung” viele Menschen erst einmal an “Werkzeuge”/ “Methoden” (z.B. Kennzahlen, Prozesse, Team- und Mitarbeitergespräche, extrinsische Motivation wie finanzielle Anreize, Übergabe von Verantwortung usw.), “Führungsstile” (z.B. aufgabenorientiert, zielorientiert, situativ, transformational, agil), fachliche Kompetenzen (Fachwissen, Analyse‑, Organisations‑, Entscheidungsfähigkeit, Risikobewusstsein) und Ähnliches denken. Sicher, diese Hilfsmittel kompetent anzuwenden, gehört zum erwarteten Handwerkszeug von Führungskräften. Das Gute daran ist, die Anwendung von Werkzeugen, Methoden und Führungsstilen kann über reine Wissensvermittlung von jedem Menschen formal erlernt werden. Es gibt dazu sehr gute Bücher und Seminare, so dass ich hierauf nicht weiter eingehe. Meine Absicht ist es vielmehr, auf Basis meiner eigenen über 30-jährigen Führungserfahrungen darauf aufmerksam zu machen, was “gute Führung” über diese formale Grundlage hinaus erfolgreich machen kann und was die Menschen, die davon betroffen sind, möglicherweise daran schätzen.
Führungskraft werden
Wann werde oder bin ich Führungskraft? Das ist dann der Fall, wenn ich mich als Experte selbstständig mache und ein Unternehmen gründe — vielleicht mit Partner oder sogar mit ein oder zwei Mitarbeitern. Oder ich bin in einem Unternehmen tätig und die Verantwortlichen dieser Organisation verleihen mir eine “Amtsautorität”, also eine bestimmte hierarchische (Macht-) Position. Für diese Art Führung reicht es aus, auf die dienstliche Stellung und die Disziplinargewalt zu verweisen. Besitze ich Fachwissen, entspricht das der “Fachautorität”. Wenn ich darüber hinaus soziale Kompetenzen (“Emotionale Intelligenz” usw.) mitbringe, dann spricht man von “Personalautorität”.
…. und erfolgreich sein
Meine Überzeugung ist, dass die Kombination aus allen drei “Autoritäten” eine erfolgreiche Führungskraft ausmacht. Manchmal müssen Entscheidungen getroffen werden, die eine Amtsautorität erfordern. Ein gewisses Maß an Fachwissen wird benötigt, um betriebswirtschaftlich erfolgreich zu sein sowie die Organisationseinheit und das Team weiterzuentwickeln. Meiner Einschätzung nach wird das notwendige Maß an Fachwissen häufig zu hoch bewertet, denn die Führungskraft muss nicht in allen Themengebieten der beste Experte sein; wofür hat sie sonst Mitarbeiter, die die Expertenrollen einnehmen und für Entlastung sorgen sollten? Das Team dahin zu entwickeln, selbstständig Fachwissen anzuwenden und weiterzuentwickeln sowie in kritischen Situationen schnelle Entscheidungen ohne hemmende Diskussion engagiert mitzutragen und umzusetzen: Das ist meines Erachtens nach die eigentliche Herausforderung für eine Führungskraft.
Persönliche Voraussetzungen
Eine solche Herausforderung zu meistern, erfordert eine in sich gefestigte Persönlichkeit, die authentisch ist und das auch “lebt”. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stelle ich immer wieder fest, dass sich Führungskräfte auf die “einfachere” Amts- und Fachautorität stützen, um möglichst geradlinig die Ziele des Unternehmens zu erreichen. Die Unternehmensziele werden jedoch nicht durch die juristische Person “Unternehmen” formuliert und erreicht, sondern von Mitarbeitern mit ihren eigenen (Wert-) Vorstellungen, Bewertungen, Abhängigkeiten und Interessen. Ohne Personalautorität – die natürliche Autorität – erreiche ich die Mitarbeiter nicht; ein schlagkräftiges Team lässt sich mit angelesenen Worthülsen oder mit Druckaufbau nicht erfolgreich bilden.
Wertschätzung
Es gibt eine Reihe von Führungskräften, denen es wichtig ist, Vorbild zu sein, Mitarbeiter in wertschätzender Weise zu führen und weiterzuentwickeln. Sie bringen neben ihrem oben beschriebenen professionellen Handwerkszeug für Führung ihre Fähigkeiten zur Konfliktlösung sowie eigene Konfliktfähigkeit mit, sie sind beziehungs- und kommunikationsfähig. Sie bewerten Empathie nicht als Führungs- oder Durchsetzungsschwäche, sie wollen überzeugen und nicht überreden. Entscheidungen müssen nicht immer hundertprozentig betriebswirtschaftlich nachweisbar und nach allen Seiten abgesichert sein, Intuition hat einen eigenen Stellenwert.
Wenn Sie selbst Führungskraft sind, welchen Anspruch stellen Sie an Führung? Nicht ohne Grund wird heute wieder auf die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg hingewiesen. Denn gerade beim Führen wird noch zu häufig verbale Gewalt (Demütigung, Verletzung, Drohung) angewendet.
Respekt
Interessant empfinde ich in diesem Zusammenhang, dass im Zen auf die 3 Regeln des Respekts hingewiesen wird.
- Respekt gegenüber sich selbst: Bin ich authentisch im Denken/ Fühlen/ Handeln und mir gegenüber respektvoll (Körper, Geist, Seele)?
- Respekt gegenüber Anderen: Behandle ich andere Menschen wertschätzend und nehme ihre Erfahrungen, Bedürfnisse und Gefühle ernst?
- Respekt gegenüber Handlungen/ Taten: Ist mir bewusst, dass Handlungen und Taten einem Ursache-Wirkung-Kreis folgen und auf Basis meiner eigenen Wirklichkeit bewertet werden?
Wenn es um das Verbessern der Management- und Führungskompetenzen geht, dann liegt meines Erachtens nach ein großer Schwerpunkt neben der professionellen Anwendung des Handwerkszeugs darin, respektvoll mit natürlicher Autorität zu führen. Das erscheint möglicherweise anstrengend zu sein, lohnt sich jedoch, da sich die Leistungen des Teams deutlich verbessern und auch wirtschaftlich messbare Ziele besser erreicht werden — nicht obwohl, sondern gerade weil wertschätzend und “weich” geführt wird. Wir Alle kennen die Anomalie des Wassers: Neben den verschiedenen Aggregatzuständen hat es die Eigenschaft, einerseits weich und andererseits hart zu sein. Eine Führungskraft kann Empathie zeigen (“weich” sein) und gleichzeitig oder sogar besser “harte” wirtschaftliche Unternehmensziele erreichen!
Ich freue mich über Ihr Feedback, gern persönlich,
herzlichst
Ihr Christian Nourney
Beitrag als Download