“Man kann nicht nicht kommunizieren” ist eines der Axiome von Paul Watzlawick. Wie bewegen sich Menschen, wie reden/ sprechen sie, wie verhalten sie sich mit oder ohne Kontakt zu anderen Menschen, wie reagieren sie auf kommunikative Einflüsse der sie umgebenden Menschen?
Kommunikation?
Die erste naheliegende Frage ist: Was gibt es über Kommunikation Neues zu erfahren, was noch nicht gesagt worden ist? Es gibt eine Reihe namhafter Kommunikationswissenschaftler wie beispielsweise Paul Watzlawick, Carl Rogers, Friedemann Schulz von Thun, Samy Molcho oder Steve de Shazer; sie alle haben weitreichende Erkenntnisse gewonnen und Erklärungen für viele Fragen geliefert. Und tatsächlich ist es nicht mein Anspruch, mit diesem Blog neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu liefern.
Mich fasziniert jedoch schon seit vielen Jahren, was Kommunikation wirklich ist, was sie bedeutet und was ich damit bewirken kann. Kommunikation ist kein Selbstzweck; die Natur hat es so vorgesehen, nicht erst bei Menschen, weil wir “sprechen” können, sondern bereits zu Beginn der Evolution bei Pflanzen und bei Tieren — stets mit anderen Mitteln. Von klein auf lernen wir, unter uns Menschen auf vielfältige Art zu kommunizieren, was unser soziales Verhalten prägt.
Forschungsansatz
Immer wieder aufs Neue bin ich im Rahmen von Aus- und Weiterbildung mit Kommunikation in professioneller Weise in Berührung gekommen. Methodik und Didaktik sowie die Anwendung von Führungstechniken und ‑methoden waren erste wesentliche Schwerpunkte. Später kamen dann unterschiedliche Seminare beispielsweise zu Präsentation oder “Train the Trainer” hinzu. Im Rahmen meiner Ausbildung zum Systemischen Coach habe ich mich nochmals – sozusagen von Grund auf – mit Kommunikation, ihren biologischen Grundlagen und ihrer Wirkung auseinandergesetzt. Und jedes Mal aufs Neue hat mich fasziniert, welche professionellen analytischen Gedanken sich um ein vermeintlich eher “banales”, weil doch selbstverständliches Thema gemacht und welche Erkenntnisse daraus abgeleitet werden.
Eigene Erfahrungen
Und dann habe ich meine eigene private und berufliche Entwicklung Revue passieren lassen. In welchen Situationen hat die von mir bewusst oder unbewusst gewählte Kommunikation Einfluss auf das dann Folgende gehabt? Nicht ganz überraschend kann ich sagen: Einfach immer!
Ich beobachte gern meine Umwelt und vor allem Menschen in ihrem Verhalten: Wie bewegen sich Menschen, wie reden/ sprechen sie, wie verhalten sie sich mit oder ohne Kontakt zu anderen Menschen, wie reagieren sie auf kommunikative Einflüsse der sie umgebenden Menschen? Wirken diese Menschen auf mich damit authentisch oder scheint es mir, als spielten sie lediglich eine “Rolle”? Und wie verhalte ich mich eigentlich in diesem Augenblick, was kommuniziere ich dadurch nach außen? Wie nehmen Andere mich wahr?
Kulturelle Unterschiede
Nun, um das noch etwas zu verkomplizieren, spielen bei Kommunikation noch Kultur und Sprache eine Rolle. Was bedeutet Kopfschütteln, warum kann Naseputzen unanständig sein, und welche Bedeutung kann ein Wort in einer anderen Sprache haben, wenn ich die Tonlage verändere?
Ich werde zunehmend sensibler und frage mich, wohin die “Reise” der Menschen geht. Wie kann ich verstehen, warum es zu Gewalt als ein Teil der Kommunikation mit anderen Mitteln kommt? Wann schaffen wir Menschen es, Kulturunterschiede zu respektieren und gleichzeitig besser zu verstehen? Meinen, Ausdrücken bzw. Wahrnehmen, Interpretieren — alles das beeinflusst meine Kommunikation als Sender und als Empfänger.
Bedingung für soziales Miteinander
Was also macht Kommunikation aus? Für mich ist es ein faszinierendes Feld, ich lerne trotz intensiver Beschäftigung jeden Tag neu dazu. Jeder Mensch ist anders, und mich darauf einzustellen, erscheint zunächst “mühsam”, denn es erfordert das Sich-Beschäftigen-Wollen mit dem Menschen. Doch Kommunikation ist ein Mittel für das Gelingen im sozialen Miteinander.
Sprache kann in Inhalt, Ausdrucksform/ Stil und Ton/ Modulation wunderschön oder abstoßend sein. Sie kann Herzen öffnen oder verschließen, Menschen wertschätzen oder verletzen. Sie ist Ausdruck für Stimmungen und Gefühle.
Körpersprache als zusätzliche Komponente
Obwohl wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass Kommunikation über Körpersprache noch weit mehr als das gesprochene Wort aussagt, unterschätzen wir oftmals deren Bedeutung. Wir reagieren oftmals unbewusst auf eine Situation und auf bestimmte Menschen, was sich in unserer Körperhaltung, Gestik und Mimik zeigt.
Achtsamkeit und Wahrnehmung
Wie können wir nun unsere Kommunikation reflektieren und möglicherweise verbessern? Achtsamkeit und Wahrnehmung gehören meines Erachtens nach zusammen und verbinden sich mit Bewusstheit und Verhalten. Erst wenn ich mich achtsam verhalte, kann ich bewusst wahrnehmen; und wenn ich bewusst wahrnehme, kann ich mich achtsam verhalten. Ich kann mich mit den Möglichkeiten des aktiven Zuhörens auseinandersetzen sowie mir meine Einstellung/ Herangehensweise in Gesprächen, Diskussionen und Auseinandersetzungen vor Augen führen. Bleibe ich stets positiv wertschätzend oder neige ich zur Bewertung und Interpretation? Wann und wie reagiere ich auf Themen, Stimmungen oder Situationen und gibt mir das Hinweise darauf, ob und ggf. welche meiner Gefühle und Bedürfnisse gerade verletzt werden?
Kommunikation ist ein mächtiges Werkzeug und kann — wie jedes Werkzeug — zu einer “Waffe” oder zur Manipulation missbraucht werden. Wenn ich rhetorisch begabt bin und mich zudem in der entsprechenden (Macht-) Position befinde, ist eine ständige Reflexion meines Erachtens nach umso wichtiger. Ich bleibe dadurch sensibel.
Kommunikation ist mehr als das Erlernen der Muttersprache. Wenn ich achtsam bin, kann ich Kommunikation immer besser verstehen und angemessen anwenden.
Gedanken
Friedmann Schulz von Thun äußerte sich in “Der Spiegel — Sonderheft Wissen”, Nr. 3/ Juli 2015: “Viele wollen gute Kommunikation in drei Tagen lernen. Ich sage dann: Ich habe 15 Jahre gebraucht … Es ist wirklich auch ein Reifungsprozess und funktioniert nicht wie ein Computerkurs.”
Zum Nachdenken anregend finde ich zudem folgendes Zitat eines mir unbekannten Autors: “There is no WiFi in the nature but the connection is much better.” (In der Natur gibt es kein WiFi, doch die Verbindung ist deutlich besser.)
Also: Kommunikation — ganz einfach?
Ich freue mich über Ihr Feedback, gern persönlich,
herzlichst
Ihr Christian Nourney
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